Es scheint wirklich den Menschen nur eine Hoffnung zu geben:
Zwar nicht die Welt und die anderen, aber wenigstens sich
selbst einigermaßen ändern und bessern zu können; und auf denen, die das tun,
beruht im geheimen das Heil der Welt.
Hermann Hesse
Der Begriff Freimaurer, ihre Symbolik und das Ritual
Der Begriff Freimaurer kommt aus dem englischen "freestone-mason",
der den Baukünstler bezeichnet. Das Ritual und die Symbolik gehen zurück auf die
alten Steinmetzbruderschaften und Domhütten des Mittelalters.
Die alten Baumeister mussten, wenn sie ihr Handwerk frei ausüben
wollten, frei sein von jeder Leibeigenschaft oder anderer Abhängigkeit.
So ist die heutige Forderung noch immer, dass der Aufzunehmende ein "freier Mann
von gutem Ruf" ist.
Der Begriff "freemason" taucht 1376 erstmals in einer Londoner
Urkunde auf. "Lodge" gleichbedeutend für Loge bereits 1278 im Zusammenhang mit
dem Bau der Abtei Val Royal. Dieser Begriff bezeichnete ursprünglich die
Bauhütte. Die Bauhütte war Werkstatt, Aufenthaltsraum und
Versammlungsraum.
Neben Adel und Klerus wurden in der Regel nur den handwerklichen
Ständen Privilegien wie sich in Gilden oder Zünften zusammenzuschließen und sich
eine eigene Berufordnung zu geben zu erkannt. Die Maurer bildeten bereits
im Mittelalter eine Gilde, die geschützt durch eine päpstliche Bulle
erstaunliche Privilegien genoss. Sie durften das gesamte Abendland bereisen und
ungehindert Grenzen passieren.
Diese Sonderrechte galt es zu schützen. Desgleichen die
Weitergabe und das Wissen von Baukenntnissen. Es galt auch, den Ausbildungsstand
und die erworbenen Arbeits- und Entlohnungsrechte zu kontrollieren. So erkannte
man sich an Worte, Zeichen und Griff.
Als nun die Zeit der großen Dombauten im 17. Jahrhundert zu Ende
ging, nahmen in den so ausgezeichnet geschützten Organisationen der Bauleute
zunehmend Intellektuelle Einfluss. So blieben sie bestehen. Adlige, Offiziere,
Ärzte, Schriftsteller und auch Männer, die keine handwerklichen Berufe ausübten,
schlossen sich den Logen an und wurden als angenommene Maurer akzeptiert.
Durch diesen Prozess wandelten sich die Logen immer mehr zu
geistig, symbolisch bauenden Gemeinschaften.
Am 24. Juni 1717 schlossen sich in London vier solcher
Freimaurerlogen zur ersten Großloge der Welt zusammen. 1722 erteilte die Großloge
auf Veranlassung des Herzogs von Montagu dem Reverend James Anderson den
Auftrag, aufgrund der alten Konstitutionen ein neues Konstitutionsbuch
zusammenzustellen. 1723 erschien diese Buch unter dem Titel "Alte Pflichten".
Bis heute ist das das Grundgesetz der Bruderschaft. Im ersten Kapitel heißt es:
"Der Maurer ist als Maurer verpflichtet, dem Sittengesetz zu
gehorchen; und wenn er die Kunst recht versteht, wird er weder ein engstirniger
Gottesleugner noch ein bindungsloser Freigeist sein. In allen Zeiten waren die
Maurer in jedem Lande zwar verpflichtet, der Religion anzugehören, die in ihrem
Lande oder Volke galt, heute hält man es jedoch für ratsamer, sie nur zu der
Religion zu verpflichten, in der alle Menschen übereinstimmen, und jedem seine
persönliche Überzeugung zu belassen. Sie sollen also gute und redliche Männer
sein, von Ehre und Anstand, ohne Rücksicht auf ihr Bekenntnis oder darauf,
welche Überzeugung sie sonst vertreten mögen. So wird die Freimaurerei zu einer
Stätte der Einigung und zu einem Mittel, wahre Freundschaft unter Menschen zu
stiften, die einander sonst ständig fremd geblieben wären."
Die Freimaurerlogen sind damit zu Gesellschaften geworden, in
denen ein einheitlicher Glaube nicht mehr Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist. Dies
gilt auch für die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand, einer bestimmten Rasse oder
einer bestimmten politischen Partei.
Kaiser und Könige erwerben das Privileg, Bruder genannt zu
werden
(König Georg V. von England)., Männer aus Politik und
Wirtschaft, aus Kultur und Geistesleben bekennen sich zur Freimaurerei und stehen mit dem
Bürgertum in einer großen Bruderkette, ohne Rücksicht auf Rang- und
Standesunterschiede, Nation und Religion.
Es wurden in die Freimaurerei aufgenommen:
1731 Herzog Franz Stephan von Lothringen, der spätere Franz
1. von Deutschland, 1737 Prinz Friedrich von Wales, 1738 Friedrich der Große (als
Kronprinz), 1752 George Washington, 1766 Johann Gottfried Herder, 1771 Gotthold Ephraim
Lessing, 1780 Johann Wolfgang von Goethe, 1782 Leberecht von Blücher, 1784 Wolfgang
Amadeus Mozart.
Ein Siegeszug um die Welt
überall in der Welt gründen sich Freimaurerlogen oder
Großlogen
1717 London, 1725 Dublin, 1728 Madrid, 1729 Gibraltar, 1730
Kalkutta, Philadelphia, 1732 Paris, 1733 Boston, Florenz, 1735 Den Haag, Lissabon,
Stockholm, 1736 Edinburgh, Genf, 1737 Hamburg, 1738 Warschau, 1739 Jamaika, 1740 St.
Petersburg, Prag, 1742 Wien, 1743 Kopenhagen, 1749 Oslo, Kronstadt, 1752 Madras, 1753
Virginia, 1756 Manila, 1758 Helsingfors, 1761 Bermudas, 1762 Cuba, 1763 brit. Honduras,
Nicaragua, 1764 Java, St. Helena, Kanton.
In den Logen wird so der Weg bereitet von der geschlossenen,
ausschließlich von Kirche und Adel geprägten Gesellschaft, zur pluralistischen
bürgerlichen Gesellschaft, wie wir sie heute verstehen. Indem die Freimaurer alle
gutmeinenden Menschen ohne Ansehen ihrer religiösen oder sonstigen überzeugungen
vereinigen, setzen sie sich allerdings sofort dem Vorwurf des Relativismus aus und geraten
so in einen unüberwindbaren Gegensatz zu Offenbarungsreligionen und totalitären
Politiksystemen. Dies gilt bis heute. Die Römische Kirche schließt - trotz ihres
unübersehbaren Bemühens um ökomäne - Freimaurer immer noch aus. In fundamentalistisch -
islamischen Ländern ist die Zugehörigkeit zur Freimaurerei oft sogar mit dem Tode
bedroht.
Ungeachtet dessen finden wir die Freimaurerei nach wenigen
Jahrzehnten in der ganzen Welt.
Freimaurerei in Deutschland
Auch in Deutschland breitet sich die Freimaurerei rasch aus.
Schon 1737 wird in Hamburg die erste deutsche Loge - die heute noch bestehende Loge
"Absalom zu den drei Nesseln" - gegründet. Die politischen Verhältnisse, die
Zersplitterung Deutschlands in viele Einzelstaaten und die stark philosophische
Orientierung der deutschen Freimaurer begünstigen die Entstehung einer ganzen Reihe von
Großlogen.
Im NS - Staat wurden die Logen bekämpft, ihre
Mitglieder bedrängt, bis schließlich 1935 alle Logen verboten werden.
Schon im Jahre 1945 sammeln sich in den drei Westzonen die
übriggebliebenen Brüder. In den ehemaligen deutschen Ostgebieten und in der damals
russisch besetzten Zone, der späteren DDR, bleibt die Freimaurerei auch weiterhin
verboten.
Im Westen Bemühen sich die Brüder unter der Führung von
Theodor Vogel darum, die Freimaurerei, die sich in den Ländern wieder organisiert hat, zu
einer Großloge zu einen.
Am 19. Juni 1949 schließen sich in der Frankfurter
Paulskirche, einem Symbol deutscher Demokratie und bundesstaatlicher Einheit 174 Logen aus
allen früheren Großlogen zur Vereinigten Großloge A.F.u.A.M. von Deutschland zusammen.
Diese Großloge ändert 1971 ihren Namen in Großloge der
Alten Freien und Angenommenen Maurer (A.F.u.A.M.) von Deutschland
Ritual und Brauchtum
Die Freimaurerei unterscheidet sich von den meisten anderen
Männerbünden durch die regelmäßige Veranstaltung sogenannter Tempelarbeiten. Diese
finden im geschlossenen Kreis der Loge in der Regel einmal monatlich statt und haben ihre
Höhepunkte in den großen freimaurerischen Festen. Der ursprüngliche Sinn einer
Tempelarbeit ist die feierliche Aufnahme eines neuen Mitgliedes. Sie geht zurück auf die
Aufnahmebräuche der englischen und schottischen Werklogen. Aus den frühesten Dokumenten
geht hervor, daß die Aufnahme neuer Zunftgenossen in der Verlesung der Pflichten und der
Ablegung eines Eides bestand.
Zu den Pflichten eines Maurers gehörten Gehorsam gegen den
Meister vom Stuhl und Verschwiegenheit über Zunftgeheimnisse. Aber nicht weniger Gewicht wurde auf
rechtschaffenes Handeln, Aufrichtigkeit, Mäßgkeit und Fleiß gelegt. Die sittlichen
Verhaltensregeln wurden den Maurern eingeschärft, indem man den Werkzeugen, die sich in
den Bauhütten vorfanden, wie Winkelmaß, Zirkel, Senkblei und vielen anderen eine
symbolische Bedeutung unterlegte. Aus dieser symbolischen Verwendung maurerischer
Gerätschaften und aus den überlieferten Verpflichtungszeremonien entwickelte sich im
Laufe des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts ein Kanon von Zeremonien, die in ihrem Kern
unverändert noch heute bei jeder Aufnahme eines Freimaurers Anwendung finden.
Der Ablauf einer freimaurerischen Tempelfeier vollzieht sich
nach einer Dramaturgie - Freimaurer sprechen von Ritual - bei denen Wechselgespräche mit
festgelegtem Wortlaut, symbolische Handlungen, Musik und freie Ansprachen einander
abwechseln. Dieses Ritual ist in seinen Grundzügen in allen Logen gleich. In früheren
Zeiten durften die rituellen Anweisungen, die stets mit einem hohem Maß von Geheimhaltung
umgeben wurden, nicht aufgeschrieben oder gar gedruckt werden. Heutzutage kann man sich in
den öffentlichen Bibliotheken über fast alle Einzelheiten des freimaurerischen
Brauchtums informieren. Die Symbolik bezieht sich auf die alten
Steinmetzwerkzeuge. Es sind u.a der Zirkel, der rechte Winkel, das Senkblei, der
Maßstab, die Knotenschnur
Ungeachtet dieser Tatsache sprechen Freimaurer zu
Außenstehenden nicht über die Einzelheiten der rituellen Vorgänge. In der Loge soll der
einzelne Freimaurer nämlich in die Lage versetzt werden, sich als Mensch schlechthin zu
geben, sich zu öffnen, sich dem anderen anzuvertrauen, Engstirnigkeit und Vorurteile
abzulegen. Das vertrauensvolle öffnen setzt jedoch die Sicherheit voraus, dass die
Vertraulichkeit dieses Vorgangs gewahrt bleibt. Jeder, der über intime Erlebnisse
verfügt, an denen er nur ihm besonders nahe stehende Menschen teilhaben lassen möchte,
wird verstehen, dass die Freimaurer, die besonderen Erfahrungen, die sie in der Loge
machen, vor Profanierung schützen wollen.
Freimaurerei ist eine lebendige Bewegung
In allen Bereichen des öffentlichen Lebens wirken Freimaurer.
Heute gibt es in der Welt etwa 40.000 Logen mit
rund sechs
Millionen Mitgliedern. Brüderlichkeit, Toleranz, Gerechtigkeit sind noch immer zeitlose
Ziele einer Gemeinschaft von Menschen, die um die Kunst des Zusammenlebens in einer
humanen Gesellschaft bemüht ist.
Wer mehr über die Freimaurer erfahren möchte, kann sich durch Kontaktaufnahme zu
einer Loge zu einem Gästeabend einladen lassen.
Auch stehen eine Menge von Literatur zur Verfügung. Z.B.: Die Logen der
Freimaurer -ISBN 3-930656-58-2.
Michael Habakuck
Aurich/
Ostfriesland
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